Nicht geleistete mwst-zahlung: ein positiver ausgang der bewährung schliesst eine einziehung aus

Nicht geleistete mwst-zahlung: ein positiver ausgang der bewährung schliesst eine einziehung aus

  • Federico Boncompagni

Kommentar zum strafrechtlichen Urteil des Kassationsgerichts, Sekt. III, vom 20. November 2019, Anhörung 2. Oktober 2019),Nr. 47104, Präsident Liberati, Vortragender Mengoni

Der kommentierte Beschluss geht zurück auf die Anfechtung des Urteils vom 21. Februar 2018 des Gerichtes Potenza, die Strafverfolgung des Angeklagten im Hinblick auf das Vergehen der Nichtzahlung der Mehrwertsteuer zu unterlassen, weil aufgrund des positiven Ausgangs der Bewährung und der gleichzeitigen Einziehung der vorsorglich beschlagnahmten Vermögenswerte als Wertersatz der Straftatbestand nicht mehr gegeben ist.

Das Kassationsgericht hat, kurz gefasst, entschieden, dass im Falle eines Urteils, mit dem ein Straftatbestand aufgrund eines positiven Ausgangs der Bewährung im Sinne der Artikel 464-septies c.p.p. (it. Strafordnung) und 168-ter c.p. (it. StGB) aufgehoben wird, die Einziehung durch Leistung von Wertersatz keine Anwendung finden kann.
Tatsächlich hat das Kassationsgericht unter Bezugnahme auf den wörtlichen Sinn von Artikel 12-bis Gv. D. 74/2000 bekräftigt, dass die Einziehung nur bei einer Verurteilung oder Strafzumessung nach Absprache zwischen den Prozessparteien ex Artikel 444 c.p.p. angewandt werden kann. Darüber hinaus hat die Tatsache, dass laut Artikel 168-ter c.p. auch bei einem positiven Ausgang der Bewährung zusätzliche Verwaltungsstrafen verhängt werden können, keine Bedeutung im vorliegenden Fall, da gemäß Artikel 12-bis üblicherweise für die Einziehung strafrechtliche Sanktionen vorgesehen werden.
Da die Verfügung gemäß Artikel 464-septies c.p.p. nicht unter derartige Urteilskategorien fällt und die fragliche Einziehung nicht auf die „Gattung“ zusätzlicher Verwaltungsstrafen zurückführbar ist, hat das Kassationsgericht nachvollziehbar entschieden, dass die Einziehung nicht angewandt werden kann.

Mit dem kommentierten Urteil hat das Kassationsgericht Rechtsanwendern ein äußerst förderliches Instrument für Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassung von Zahlungen an die Hand gegeben.

Eine der belastendsten Folgen – wenn nicht gar die belastendste überhaupt – solcher Verfahren ist nämlich die Einziehung von Erträgen aus Straftaten (und, abhängig vom Verfahrensausgang, der Beschlagnahme zum Zweck der Einziehung) gemäß Artikel 12-bis des Gv. D. 74/2000.

Es wird daran erinnert, dass bei jeder rechtskräftigen Verurteilung (oder einer strafrechtlichen Verfügung) oder eines Urteils zur Strafzumessung nach Absprache zwischen den Prozessparteien (sog. Vergleich) gemäß Artikel 444 c.p.p. und ff. die Anwendung der Einbeziehung, auch durch Leistung von Wertersatz, Pflicht ist.
Die Einziehung wird offensichtlich noch schwieriger, wenn der Beitragszahler nicht über ausreichende Geldmittel verfügt, um die Steuerschulden zu begleichen, sondern gezwungen ist, seine Schulden in Raten abzuzahlen. Die Ausübung dieses Rechts, die dem Steuerzahler auf steuerlicher Ebene die Tilgung der Schuld in einem sehr langen Zeitraum (bis zu sechs Jahren) erlaubt, findet im Straf- und Steuersystem keine entsprechende Koordinierung.
So kann, in Bezug auf den Grund der Nicht-Strafbarkeit gemäß Artikel 13 Gv. D. 74/2000, der Richter in dem Fall, in dem der Angeklagte seine Schuld in Raten abzahlt, die Einstellung des Verfahrens für einen maximalen Zeitraum von sechs Monaten (drei Monate, die um weitere drei Monate verlängert werden können, falls der Richter dies für notwendig erachtet) verfügen, um dem Schuldner die Tilgung seiner Schuld zu ermöglichen.


Es ist klar, dass ein solch kurzer Zeitraum in keinem Verhältnis zum Ratenzahlungsplan steht, der mit dem Finanzamt vereinbart wird und im Durchschnitt sehr viel längere Fristen vorsieht. Die Inkongruenz zwischen den von der Steuerbehörde vorgesehenen und den in Artikel 13 Gv. D. 74/2000 festgelegten Fristen führt tatsächlich dazu, dass für viele der vorgenannte Grund der Nicht-Strafbarkeit in unerreichbare Ferne rückt. In Anbetracht der vor nicht langer Zeit erlassenen Unzulässigkeitsverfügung des Verfassungsgerichts (24. Mai 2019, Nr. 126),das bekräftigt hat, dass die Festlegung der Höchstfristen für die Aussetzung des Strafverfahrens im Ermessen des Gesetzgebers liegt, scheint das Problem nicht gelöst zu sein (so ist der Artikel 13 nicht Gegenstand von Änderungen durch den Gesetzesentwurf D.L. 124/2019 und den Umwandlungsgesetzesentwurf).
Ebenso problematisch ist die Anwendung des zweiten Absatzes des Artikels 12-bis Gv. D. 74/2000, der vorsieht, dass für Steuerzahler, die sich verpflichten, Steuern zu zahlen, keine Einziehung vorgenommen wird. So wird daran erinnert, dass es mittlerweile herrschende Meinung ist (ex multis Abschnitt III, 23. Oktober 2019, Nr. 47837),dass bei einer Ratenzahlung der Schuld eine vorsorgliche Beschlagnahme vorgenommen wird, auch wenn die Einziehung letztlich nicht angewandt wird. Die Freigabe dieser Beträge kann schrittweise und beschränkt auf die bereits gezahlten Raten erfolgen.

Angesichts der obigen Erläuterungen, in Erwartung der wörtlichen Angabe der Bestimmungen, auf die verwiesen wird, und unter Berücksichtigung des Sanktionscharakters der durch Artikel 12-bis vorgesehenen Einziehung ist die Auslegung des Kassationsgerichts völlig nachvollziehbar und kann nur schwer entkräftet werden. Allerdings scheint die Nichtanwendung der Einziehung aufgrund eines positiven Ausgangs der Bewährung – eine von der Tilgung der Steuerschuld (zzgl. Zins- und Strafzahlungen) unabhängige Folge – innerhalb des Straf- und Steuersystems, welches jegliche Begünstigung von der Erfüllung der Steueransprüche abhängig macht, eine Anomalie zu sein. Sollte die Auslegung des Gerichts konsolidiert werden, ist folglich nicht auszuschließen, dass der Gesetzgeber in die Bewährungsregelung eingreift und die Bewährung von bestimmten Bedingungen für die Zahlung der Steuerschuld abhängig macht.